Die Anreise verläuft total geschmeidig. Während des Fluges lernen wir nämlich Steve kennen. Der gebürtige Neuseeländer war lange Jahre in der Tourismusbranche seines Heimatlandes tätig und versorgt uns dementsprechend mit einem ganzen Haufen Tipps für unseren Trip. So sehr wir uns auf den ausgezeichneten Service und die moderne Unterhaltungselektronik an Bord einer Emirates-Maschine gefreut haben, sind wir jetzt nur am Quatschen. Die drei Stunden vergehen sprichwörtlich wie im Flug :-) Wie schon bei der Einreise nach Australien, muss man auch dieses Mal wieder alle „kritischen“ Güter und jegliche Lebensmittel deklarieren, die man gedenkt, in Neuseeland einzuführen. So leicht wie letztes Mal kommen wir diesmal allerdings nicht durch. Nach der Passkontrolle werden wir gebeten, unsere Wanderschuhe vorzuzeigen. Da wir die aber bereits vor der Reise nach Australien geputzt und dort dann kein einziges Mal an hatten, bestehen da keine Bedenken. Dann dürfen wir dem freundlichen Beamten noch einmal alle Lebensmittel aufzählen, die wir mit uns haben und drei Mal bestätigen, dass auch wirklich kein Obst dabei ist, bevor wir weiter können. Jetzt gilt es nur noch, die Mietwagengesellschaft zu finden um unser Auto in Empfang zu nehmen, dann kann die Etappe Neuseeland endlich losgehen. Laut deren Webseite soll es ja hier am Flughafen in Christchurch eine Vertretung geben – jedoch Fehlanzeige. Erst durch einen Anruf bei deren Hotline erfahren wir, dass hier tatsächlich keine ist, sondern sich die Filiale nur ganz in der Nähe zum Flughafengelände befindet und man uns gleich einen Bus schickt, der uns abholt. Auch gut. Als wir das Flughafengebäude verlassen, bekommen wir mit voller Härte zu spüren, dass Neuseeland nochmal einige Breitengrade weiter südlich als Sydney liegt: Uns bläst ein kalter und verregneter Wind entgegen und das Wetter ist ganz ungemütlich grau. Bestimmt sind es immer noch um die 18-20 Grad, wenn man jedoch die letzten Monate ausschließlich in warmen Gebieten gelebt hat, ist der Kontrast echt heftig. Wenn mir das vorher jemand erzählt hätte, hätte ich nie geglaubt, dass einem das so kalt vorkommen kann. Jetzt hilft nur ein Gedanke: Heute (am Aschermittwoch) frieren sich in Deutschland gerade alle bei minus 10 Grad den Allerwertesten ab, da halten wir mal besser den Mund :-) Eine Stunde später sitzen wir in unserem kleinen Flitzer, mit dem wir die kommenden 49 Tage Neuseeland erkunden werden: Ein schicker kleiner blauer Hyundai Getz.
In Christchurch
Der erste Weg führt uns nach Christchurch rein, da bereits später Nachmittag ist uns es gilt, ein Bett für die kommende Nacht zu finden. Interessantes zu sehen soll es dort ja nicht mehr geben, da so ziemlich alles von den beiden großen Erdbeben vor einem Jahr zerstört worden ist. Das erste im September 2010 war das stärkere, jedoch kamen beim zweiten (das übrigens genau heute vor einem Jahr war, am 22. Februar 2011), viel mehr Menschen ums Leben. Ein Teil von Christchurchs Innenstadt ist noch bis heute gesperrt. Seitdem hat es in der dieser Gegend noch tausende(!) weitere kleine Beben gegeben. Mit dieser Gewissheit im Hinterkopf machen auch die Vororte keinen sehr freundlichen Eindruck und nur beim Vorbeifahren sind noch zahlreiche Spuren der Erdbeben festzustellen: Viele leere Grundstücke, Risse in Gebäuden, schiefe Häuser und kleinere Schutthaufen sind keine seltenen Anblicke. Das graue Wetter rundet das trübe Gesamtbild noch ab. Zudem sind wir nach einer halben Stunde Unterkunftssuche immer noch nicht fündig geworden. Die meisten Hostels sollen sich eh in der abgesperrten Zone befinden (oder befunden haben?) und alle Motels haben schon an der Straße ein Schild stehen: NO VACANCY – kein Zimmer frei. Also nichts wie weg hier! Dank Steve haben wir ja bereits eine grobe Vorstellung: Richtung Süden. Auf dem Weg aus der Stadt heraus kommen wir an einem großen Einkaufszentrum vorbei. Diese Gelegenheit wird gleich genutzt, um sich einen kleinen Überblick über das neuseeländische Warenangebot und dessen Preisniveau zu verschaffen sowie das Allernötigste einzukaufen. Unser erster Eindruck: Die Preise sind ungefähr die gleichen wie in Australien, jedoch steht zu unserem Glück der neuseeländische Dollar zum Euro wesentlich besser als der australische (für einen Euro bekommt man derzeit ca. 1,59 NZ$, aber nur ca. 1,21 A$). Das Angebot ist typisch westlich und lässt nichts vermissen – wunderbar :-)
Weiter geht die Fahrt. Noch in der Stadt beginnt der State Highway. Die Eingewöhnung in den Linksverkehr geht dank der Campertour zu Beginn unserer Australienetappe übrigens ruckzuck. Auch fährt sich der Wagen sehr gut. Mit der Automatikschaltung komme ich besser zurecht als erwartet (mein linker Fuß ist brav und hält schön still). Auch die Hotels und Motels hier weiter außerhalb haben alle nichts frei. Überall no vacancy – krass! Hätten wir entgegen unserer gewohnten Reiseart doch mal etwas im Voraus buchen sollen? Müssen wir gleich unsere erste Nacht im Auto verbringen? Ein Problem wär’s zwar nicht, aber auch nicht gerade wünschenswert. Doch da: Ein blaues Schild mit einem weißen Bett und der Aufschrift Motor Camp weist auf eine Unterkunft in 300 Metern hin. Versuchen wir es dort mal! Wir biegen auf eine Art Campingplatz mit angegliedertem Motel ab. Der freundliche Herr im Büro meint, dass leider auch bei ihm alles belegt ist. Dann sagt er aber, dass er doch noch einen Raum hätte, wenn wir unsere eigenen Schlafsäcke dabei hätten. Ja klar haben wir Schlafsäcke dabei! Super, wir haben eine Bleibe für heute Nacht! Später erklärt der Herr uns noch, dass die Zimmer in der Gegend um Christchurch alle von Leuten belegt sind, deren Haus vom Erdbeben zerstört worden ist. Dazu fand heute in der Stadt zum Jahrestag des zweiten Bebens eine Gedenkzeremonie statt, zu dem viele Angehörige zu Besuch herkamen. Klar, dass da nichts frei ist! Wie es der Zufall will, steht in unserem Zimmer kleiner Fernseher, wo am Abend noch eine Reportage über die Naturkatastrophe kommt. Die Vorher-Nachher-Bilder sind sehr erschreckend und vermitteln uns einen kleinen Eindruck von der unglaublichen Kraft, mit der die Erde hier am Werk gewesen ist. Wenn man von den vielen kleinen Beben weiß, die es danach noch in und um Christchurch gab und immer noch gibt, fragt man sich echt, ob man heute Nacht nicht auch noch selbst eines miterleben wird…
Tag 2: Von Christchurch bis Mt Somers
Die Nacht haben wir sehr gut und ohne Unterbrechung durchgeschlafen. Auch die zwei Stunden Zeitverschiebung zu Australien haben wir sehr gut weggesteckt. Deutschland sind wir jetzt 12 Stunden voraus (11h + 1h Sommerzeit). Heute Morgen ist das Wetter viel freundlicher und auch etwas milder. Unsere langen Fleecepullis brauchen wir aber trotzdem noch :-) Wir fahren einfach weiter in Richtung Süden – mal sehen, wo wir landen. Frühstücken werden wir bei dem tollen Wetter auf dem Weg – ein geeignetes Plätzchen wird sich schon finden. Unterwegs ist Alex fleißig damit beschäftigt, sich durch das gesamte Karten- und Informationsmaterial durchzuarbeiten, das wir uns am Flughafen und vom Autoverleiher besorgt haben. Was brauchen wir jetzt, was später, was vielleicht und was gar nicht? Wo fahren wir denn hin? Machen wir eine grobe Route? Wo hat es gute Übernachtungsmöglichkeiten? Welche sind die günstigsten für uns? Und so weiter…
Einige Kilometer weiter dann die wohlverdiente Frühstückspause.
Wie man vielleicht erkennen kann, haben wir uns nicht nur mit dem „Allernötigsten“ eingedeckt ;-) Unsere Art, hier einzukaufen ist eine ganz andere als zuvor in Australien. Dort mussten wir immer darauf achten, nicht zu viel einzukaufen, weil wir das dann eh nur zusätzlich zu unserem Rücksäcken mitschleppen mussten. Da wir auch nicht extra eine Kühltasche anschaffen wollten, war auch alles tabu, das gekühlt werden muss. Was ging war Toast, Marmelade, eine Grundausstattung an Gewürzen, Öl, Mehl usw. Alle frischen Lebensmittel wie z.B. Milch, Gemüse, und Obst haben wir also öfter und in sehr geringen Mengen eingekauft, sodass wir bis zur nächsten Busfahrt alles möglichst aufgebraucht hatten. Hier in Neuseeland ist die Situation mit dem Mietauto eine viel entspanntere. Es darf zum Beispiel ruhig das große Vorratsglas Marmelade sein. Die geht in sieben Wochen (hoffentlich) nicht kaputt, schleppen muss man sie eh nur vom Supermarkt in den Kofferraum und von da ins Zimmer, und weil die neuseeländische Preisgestaltung analog der australischen ist (größere Menge -> extrem kleinerer Preis) bietet sich das noch an. Dazu haben wir uns für hier (unter anderem) eine kleine Kühltasche besorgt. Jetzt können wir problemlos etwas Butter, Milch, Käse usw. mit uns führen.
Weiter geht’s! Im nächsten größeren Ort Ashburton biegen wir rechts ab. Kaum lassen wir die kleine Stadt hinter uns, bekommen wir zum ersten Mal einen kleinen Vorgeschmack von den atemberaubenden Landschaften, die uns in Neuseeland erwarten.
Kurz vor Mt Hutt wird es Zeit für eine kleine Mittagspause. Das Wetter hat sich heute noch richtig gut entwickelt! Ich hab sogar mein Fleece ausgezogen :-)
Wie wir es schon von Australien gewohnt sind, ist auch hier in Neuseeland alles gut ausschildert. Sonst hätten wir bestimmt auch nicht dieses schöne Örtchen gefunden. Selbst hier findet man eine kleine Hütte, an der man sich über alle Wanderwege in der Umgebung informieren kann und die ungefähre Gehzeit inklusive Schwierigkeitsgrad mit angegeben ist. Da weiß man genau, worauf man sich einlässt :-)
Komm, wir laufen mal eine Runde durch den Wald!
Weiter geht’s. Nun fahren wir die Inland Scenic Route entlang – ein Highway, der aufgrund seiner schönen Aussicht eben noch jenen Zusatznamen erhalten hat. Klingt nicht verkehrt, oder?
Unser nächster Abstecher führt uns zu den Sharplin Falls. Bis zu diesem Wasserfall darf man vom Parkplatz aus erst mal einen wunderschönen, 45-minütigen Marsch durch den Wald einlegen.
Am Ziel angekommen wird man mit diesem Anblick für seine Mühen belohnt:
Inzwischen ist wieder später Nachmittag und wir halten bei der Weiterfahrt die Augen nach einer Unterkunft offen. Nicht viel später, in dem kleinen Ort Mt Somers werden wir fündig: Ein kleiner Holiday Park etwas abseits vom Highway (so werden hier Campingplätze genannt, die auch sogenannte Cabins zum Übernachten anbieten). Eine Cabin ist eine kleine Hütte oder ein kleines Zimmer ohne Bad. Die günstigsten Varianten haben nicht viel mehr als ein Bett, eventuell auch einen eigenen Wasserkocher und Toaster im Zimmer. Etwas bessere haben vielleicht noch einen kleinen Kühlschrank und selten auch mal eine komplette Küche. Meist wird auch nur ein Leintuch und Kissen bereitgestellt, man braucht also auf jeden Fall seinen eigenen Schlafsack. Bad und Küche teilt man sich mit den anderen Campern und befinden sich immer zentral auf der Anlage. Das hat zwar den Nachteil, dass man immer ein paar Meter zum Klo laufen muss (vor allem nachts), aber dafür ist es sehr günstig. Zudem besteht die Möglichkeit, seine Mahlzeiten selbst zuzubereiten, was sehr dabei hilft, die Lebenshaltungskosten gering zu halten. Für uns sind Cabins also die optimale Übernachtungsmöglichkeit.
Tag 3: Mt Somers bis Geraldine
Gestern haben wir beim Einchecken einen Tipp vom Campingplatzbetreiber bekommen: Nicht weit von hier soll es ein Tal mit paar schönen Seen geben. Und dann wäre da auch noch Mt Sunday in der Nähe – ein kleiner Hügel inmitten eines weiten Tals, der als Drehort für Edoras in Herr der Ringe gedient hat. Also nichts wie dort hin!
Auf dem Weg halten wir an einer Stelle, die an der Straße als Historic Place ausgeschildert war. Über eine kleine Brücke…
…gelangt man zu einer alten Hütte, die früher den Arbeitern einer nahegelegenen Kohlemine als Unterkunft gedient hat.
Die dahinrostenden Überbleibsel und das wolkige Wetter verhelfen dieser Stätte zu einer ganz eigenartigen, unbeschreiblichen Stimmung.
Wieder auf der Straße…
…ist einige Kilometer weiter eine Wanderstrecke ausgeschildert und wir biegen auf eine unbefestigte Strecke ab. Nach ein paar Hundert Metern versperrt uns jedoch ein Tor die Weiterfahrt mit dem Hinweis, dass man hier Privatland beritt. Jeder Besucher ist jedoch willkommen, solange er einige einfache Verhaltensregeln beachtet (keine offenen Feuer, Tore stets geschlossen halten und so weiter). Ist ja kein Problem für uns. Wir finden es sehr toll, dass man überhaupt weiter fahren darf. Danach kommt ein Parkplatz, wo neben zwei weiteren Autos auch wieder eine Hütte steht, an der man sich über die Wanderwege hier erkundigen kann. Great – laufen wir mal den Woolshed Track!
Nach einigen Metern durch den Busch…
…erreichen wir den Woolshed Creek:
Einfach Wahnsinn, wie schön es hier ist! Und alles ist so ruhig, man trifft kaum andere Menschen.
Auf der anderen Flussseite geht der Pfad weiter. Alte Gerätschaften zeugen auch hier vom Kohleabbau in der Gegend und bieten sich als dankbare Fotomotive an.
Eine halbe Stunde später gelangen wir wieder zum Parkplatz und die Fahrt geht weiter. In Hakatere gabelt sich dann die Straße. Egal in welcher Richtung geht es von hier aus nur auf unbefestigter Straße weiter. Zuerst mal rechts lang. Hier einige Eindrücke der nächsten sieben Kilometer…
…bis wir an den kleinen Maori Lakes vorbei kommen. Der Wind bläst so stark in dieser Steppe, dass er ganz raue Wellen schlägt. Das Licht ist fantastisch!
Etwa zehn Kilometer weiter erreichen wir Lake Heron. Was soll ich denn jetzt dazu noch schreiben?
Hier kehren wir um. Die ganzen 17 Kilometer Strecke fahren wir wieder zurück und biegen an der Gabelung bei Hakatere in den anderen Abzweig ein. Andere Straße, anderes Tal:
Kurzer Stopp am Lake Camp…
…bis die Schotterstraße über den Mt. Pott führt und einen ersten Blick auf unser heutiges Ziel, den Mt Sunday ermöglicht (oder auch Edoras, sucht es euch aus).
Den Mt Pott hinter uns lassend nähern wir uns langsam der berühmten Erhebung…
…bis uns leider ein Ford an der Weiterfahrt hindert.
Nein, das ist kein Auto, sondern eine Furt – also ein kleiner Strom, der die Straße kreuzt und für unseren Kleinwagen ein zu riskantes Hindernis darstellt. Stellenweise war ja die Schotterpiste bis hier her schon sehr grenzwertig. Nächstes Mal mieten wir uns ein Off-Road Fahrzeug, soviel ist sicher! Für heute heißt es jedoch umkehren. Während des 24 Kilometer langen Rückweges auf Schotter bekommen wir die Umgebung wieder aus einem ganz anderen Blickwinkel zu Gesicht.
Endlich geht es wieder auf befestigter Straße weiter – und damit auch wieder etwas zügiger. Das ist auch gut so, denn langsam aber sicher geht unser dritter Tag in Neuseeland dem Ende gegen und wir müssen nach einer Unterkunft Ausschau halten. Zurück auf dem Highway machen wir aus diesem Grund einen kurzen Abstecher zu einem Campingplatz in Peel Forest, von wo wir jedoch erfolglos wieder zum Highway zurückkehren – dort ist schon alles belegt. Etwas weiter, in Geraldine, wo auch die Inland Scenic Route endet, werden wir fündig. Hier hat es zwar nur noch eine etwas teurere Cabin, dafür aber mit einer eigenen kleinen Küchenzeile. Es ist ja auch nur für eine Nacht.
Was ein toller Tag heute! Die Landschaften waren total unwirklich – wie in Mittelerde ;-) Ganz spurlos gingen die insgesamt etwa 90 Kilometer Schotterstrecke an unserem Wagen allerdings nicht vorbei…
So aufregend unsere Neuseelandetappe begonnen hat geht sie auch weiter! Seid gespannt... [Oki]